Ilse Frapan, 1899
   Wir Frauen haben kein Vaterland

Wir Frauen haben kein Vaterland,
uns binden keine Ländergrenzen,
uns bindet kein Fahnen-, kein Bürgereid.

Aber heimatlos sind wir nicht.
Unsere Heimat is die Erde,
unser Volk ist die Menschheit.

Nationale Arbeit hat man uns verwehrt;
- leisten wir denn, was höher ist,
als sie, leisten wir Menschheitsarbeit!

Beten wir, daß bald die Zeit komme,
wo die Grenzen aufhören,
die Volk von Volk scheiden,
wo die Kriege aufhören,
die den Mann auf die Stufe
des blutdürstigen Tieres degradieren;
wo das schmutzige Geld nicht mehr
über die verkaufte Erde rollt;
wo es weder Kapitalisten
noch Proletarier mehr giebt,
sondern nur Menschenbrüder,
und wo der Mann auch im Weibe
die gleichstrebende Schwester
erkennt und achtet!
Beten und - handeln wir! Handeln wir!

   We Women Have No Fatherland

We women have no fatherland,
no borders limit us
no flag or oath binds us.

But we are not homeless.
Our home is the earth,
and all human beings are our people.

They deny us national service;
so let us accomplish a higher purpose,
let us work for humanity!

We pray that soon the time will come:
when borders are dissolved,
for they divide people;
when warfare is abolished
for it degrades and changes man
into a blood-thirsty animal;
when filthy money no longer
presides over a bartered world;
when capitalists and
proletarians no longer exist;
Rather when men are brothers,
when mankind recognizes that
women are their sisters
striving in similar fashion!
Prayer and action! We shall act!


An Emma V., 1891

Müd' ist dein Aug' und will sich schließen,
Gut' Nacht, ihr Sterne, ihr dunklen, ihr süßen.
Ich möcht' euch schauen in tiefem Traume;
Schlaf! wie so stille, kein Laut im Raume.
Horch, nur zuweilen hergetragen
Kommt eines Herzens gesänftigt Schlagen;
Nicht wie, nur eines! Ist's deins, ist's meines?
Gestimmt im Gleichklang sind längst sie eines.
O zu Vergehen, so Herz an Herzen!
Nie mehr erwachen zu Freuden und Schmerzen.
Den Strom des Lebens so sacht verrinnen,
So ebben fühlen mit wachen Sinnen;
Und jede Welle, wie sie entgleite
Mit leisem Kusse senden ins Weite:
Und endlich alles umher vergessen,
Noch einmal dich leise an mich pressen,
Und an dem Herzen, das mir beschieden,
Hinüberdämmern in ewigen Frieden.

To Emma V., 1891

Your eyes are heavy; they want to close.
Good Night to the stars,
to sweet darkness recede.
Let me guide you through the realm of dreams.
Sleep! So peacefully in the silent universe.
Harken the distant, soft beating
of the pacified heart;
can you tell from the sound?
Is it yours, is it mine?
Two hearts beating in syncopation,
melding together, making one sound.
Oh, to dissolve in the heartbeat's symphony;
no longer awaking to joy and pain.
No longer set adrift in life's torrential stream
or feeling its ebb with wakeful senses.
To ultimately forget all things around me;
to gently press myself against you
in the humble repose of your heart.